Cardio vor dem Krafttraining könnte Muskelwachstum positiv beeinflussen

07.11.2021 – Zwanzigminütige Cardio-Einheiten vor dem Workout können die Muskelfasern in den Armen aktivieren und so zu mehr Muskelwachstum beitragen.

Cardio vor oder nach dem Krafttraining?

Laut einer neuen Studie über die molekularen Auswirkungen der Kombination von Ausdauer- und Widerstandsübungen in einer Trainingseinheit, könnte Radfahren oder Laufen vor dem Krafttraining die Wirkung des Trainings verstärken. Die Studie ergab, dass 20 Minuten intensives Radfahren direkt vor einem Armtraining das Innenleben der Muskeln verändert und die Muskeln darauf vorbereitet, stärker zu wachsen als durch Krafttraining allein. Die im März 2021 veröffentlichte Studie bietet einen Leitfaden dazu, wie klassisches Krafttraining mit maximaler Effektivität strukturiert werden kann.

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Neue Studie befasst sich mit der Kombination aus Cardio- und Krafttraining.
  • Probanden führten jeweils zweimal ein Arm Workout aus, einmal mit vorherigem Cardiotraining der Beine und einmal ohne.
  • Im Anschluss wurden Blut und Gewebeproben entnommen und analysiert.
  • Vorheriges Cardiotraining führte zu zusätzlicher Protein- und Genaktivität, ohne die Leistung beim Armtraining negativ zu beeinflussen.
  • Unterkörper Cardiotraining bereitete die Armmuskeln auf das anschließende Training vor und könnte so auch positiven Einfluss auf den Muskelaufbau haben.

Bisherige Studienlage zur Kombination von Cardio- und Krafttraining in einer Trainingseinheit

Seit Jahrzehnten diskutieren Trainer und Sportwissenschaftler darüber, ob und wie man Cardio- und Widerstandstraining kombinieren sollte. Einige kleine Studien deuten darauf hin, dass eine Kombination aus beidem die Erfolge beim Muskelaufbau beschleunigen könnte. Es gibt jedoch auch andere Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass extrem schweißtreibende Cardio-Einheiten vor dem Hypertrophietraining* die Kraftsteigerungen reduzieren könnten.

Die Autoren einiger dieser Studien spekulieren, dass molekulare Veränderungen innerhalb der Muskeln, die durch Radfahren, Laufen oder andere Cardio Sportarten verursacht werden, einige der anderen wünschenswerten Ergebnisse vom Krafttraining behindern. Muskelermüdung könnte dabei auch eine Rolle spielen, da in den meisten Studien, die Cardio- und Widerstandstraining kombinieren, die Freiwilligen nur ihren Unterkörper trainieren und ihre Beine sowohl für das Ausdauer- als auch für das Krafttraining verwenden. Müde vom Ausdauertraining, so nimmt man an, könnte die Beinmuskulatur der Probanden nicht mehr optimal auf Widerstandstraining reagieren können.

Cardio Training Muskelaufbau

Neuer Studienaufbau kombiniert Unterkörper Cardiotraining mit anschließendem Krafttraining für den Oberkörper

Was aber, wenn die beiden Trainingsarten auf völlig unterschiedliche Muskelgruppen abzielen, wie zum Beispiel die Beine beim Radfahren und die Arme beim Krafttraining? Das war das Szenario von Marcus Moberg, Professor an der schwedischen Schule für Sport- und Gesundheitswissenschaften in Stockholm, der sich mit Muskelgesundheit, Bewegung und Stoffwechsel beschäftigt. Würde in diesem Fall das Ausdauertraining der Beinmuskeln die Vorteile des Oberkörper-Gewichtstrainings verstärken? Oder würde das Anstrengen von Beinen und Lunge keine – oder sogar unerwünschte Folgen auf das Hypertrophietraining der Arme haben?

Um die herauszufinden, rekrutierten er und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter acht sportliche erwachsene Männer in Stockholm und luden sie ins Labor ein, um ihre aktuelle Fitness- und Kraftwerte zu messen. Anschließend baten die Forscher sie bei einem zweiten Termin, ein zweiteiliges Workout zu absolvieren.

Die Männer begannen mit intensivem Intervallradfahren. Während dieses Cardiotrainings traten die Männer vier Minuten lang kräftig in die Pedale, ruhten sich drei Minuten lang aus und wiederholten diese Sequenz insgesamt fünfmal. Nach ein paar Minuten Ruhe wechselten sie im Anschluss zu Oberkörpergewichtsgeräten, die ihre Arm- und Schultermuskulatur trainierten. Während eines anderen Laborbesuchs absolvierten die Männer dasselbe Krafttraining für den Oberkörper, jedoch ohne das vorherige Radfahren.

Die Forscher nahmen Blut ab und zusätzlich winzige Gewebeproben aus den Trizepsmuskeln der Männer, unmittelbar nah dem Training, 90 Minuten später und dann drei Stunden nach jedem Workout.

Im Anschluss untersuchten die Wissenschaftler die Blut- und Muskelproben der Männer unter dem Mikroskop und suchten nach Substanzen, die anzeigten, wie ihre Muskeln auf das Training reagierten. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag hierbei auf Proteinen und Markern der Genaktivität, von denen angenommen wird, dass sie Ausdauer und Muskelmasse beeinflussen.

Cardio Training vor dem Krafttraining

Auswertung der Blut- und Gewebeproben bringt verblüffende Erkenntnisse hervor

Die schwedischen Wissenschaftler wurden fündig: Nach dem alleinigen Gewichtstraining wimmelte es in den Muskeln der Männer von Proteinen und genetischen Markern, von denen bekannt ist, dass sie das Muskelwachstum einleiten. Dieselben Substanzen waren auch nach dem Training, das Radfahren beinhaltete, reichlich vorhanden, wurden aber zusätzlich durch andere Proteine ​​​​und Genaktivität ergänzt, die mit einer verbesserten Ausdauer verbunden sind.

Tatsächlich deuten die Auswertungen der Blut- und Gewebeproben daraufhin, dass die Muskulatur der Männer nach dem zweiteiligen Cardio- und Krafttraining darauf vorbereitet war, sowohl an Größe als auch an Ausdauer zuzunehmen. Dabei fanden die Wissenschaftler keine Hinweise darauf, dass Radfahren auf molekularer Ebene das Krafttraining beeinträchtigt hatte. Stattdessen schien es als hätte das aerobe Training* die erwarteten Vorteile des Krafttrainings erweitert und zusätzlich verstärkt. Eine Vorermüdung der Armmuskulatur trat nicht ein.

„Der faszinierendste Befund ist, dass einige biochemische Faktoren, die durch das Beinausdauertraining hervorgerufen werden, ins Blut gelangt sind und dann Prozesse in einer ganz anderen Muskelgruppe beeinflussen konnten, und zwar in einer Weise, die für die Trainingsanpassungen in den Armen förderlich zu sein scheint.“, so Dr. Moberg. „Es ist fast so, als ob die Ausdauerübung der Beine bis zu einem gewissen Grad auf die Arme übertragen würde.“

Er wies außerdem darauf hin, dass die Männer bei beiden Arm-Workouts dasselbe Gewicht bewegen konnten. Das hochintensive Training der Beine hatte ihre Arme demnach nicht vorermüdet.

Cardio Training gut für Muskelaufbau?

Studienergebnisse sorgen für internationale Resonanz

„Die Studie ist großartig“, sagte Dr. Michael Joyner, ein Physiologe und Anästhesist an der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, der nicht an der Analyse und Durchführung beteiligt war. Das Ergebnis, wonach das vorherige Training der Beine eine stärkere Aktivierung der Armmuskulatur ausgelöst haben könnte, sei faszinierend, so Joyner.

Wie an vielen anderen vorherigen Studien zu dem Thema waren auch an der schwedischen Untersuchung nur männliche Probanden beteiligt. Es gebe jedoch keinen Grund zur Annahme, dass die Ergebnisse bei Probandinnen anders ausfallen würden als bei den männlichen Studienteilnehmern, sagte Moberg und ergänzte, dass er und seine Kollegen hoffen, Frauen mit weniger Biopsien in die kommenden Experimente einzubeziehen. Auch diese Studie war kurzfristig angelegt (lediglich zwei Trainingseinheiten) und befasste sich mit Ausdauertraining vor dem Krafttraining und nicht umgekehrt. Es also daher abzuwarten, ob Hypertrophietraining der Arme vor dem Cardio Training den gleichen Effekt hat.

Zusammenfassend kommt Dr. Moberg zu dem Schluss, dass es physiologisch sinnvoll sei, eine Trainingseinheit zu beginnen, indem die Beine und Lunge zuerst trainiert werden, bevor man sich dem Krafttraining des Oberkörpers zuwendet. „Es kann ein zeitsparender und potenziell vorteilhafter Ansatz sein.“

Glossar:

  • Hypertrohietraining: Das Hypertrophietraining verfolgt das Ziel eine größtmögliche Vergrößerung des Muskelquerschnitts herbeizuführen. In einfachen Worten: Die Trainingsform verfolgt vor allem das Ziel des Muskelwachstums.
  • Aerobes Training: Beschreibt alle Formen des Ausdauersports. Aerob beschreibt dabei einen Stoffwechselvorgang im Körper, bei der Energie vorrangig durch die Verbrennung von Fetten, Kohlenhydraten und Sauerstoff gewonnen wird. Das gegenteilige anareobe Training umfasst Schnellkraftsportarten wie Sprints, Krafttraining etc., bei der der Körper kurz und intensiv belastet wird und die Energie ausschließlich durch das Verbrennen von Kohlenhydraten gewonnen wird.

Wir hoffen, der Artikel hat dir gefallen. Falls du nach weiteren Tipps für dein Workout suchst, schau dir unsere News & Studien zum Thema Bodybuilding und Fitness an. Außerdem findest du bei uns den passenden Trainingsplan, der dich deinem sportlichen Ziel näherbringt.